Die Geschichte von Aziz
Die Geschichte von Aziz
Leben mit dem ‘West-Syndrom’
Aziz kam am Valentinstag im Jahre 2004 auf die Welt. Bereits wenige Minuten nach der Geburt waren die ersten Anzeichen seiner Erkrankung zu erkennen, was mich völlig unerwartet traf.
Die körperlich sichtbaren Symptome konnten chirurgisch korrigiert werden. Dennoch entwickelte Aziz sich nicht wie andere Babys. Mir wurde früh klar, dass mit ihm etwas nicht stimmte, auch wenn verschiedene Kinderärzte anderer Meinung waren und mir sagten, dass ich mich in Geduld üben solle.
Mit acht Monaten fing Aziz an sich komisch zu bewegen und zu zucken, was ich nicht zuordnen konnte. Letztendlich landeten wir im Kinderkrankenhaus auf der neurologischen Station. Die Diagnose lautete ‘West-Syndrom’, eine Art der Epilepsie, die seine unwillkürlichen Bewegungen und Zucken erklärt. Die Prognose in Bezug auf die geistige und körperliche Entwicklung von Aziz war ungünstig. Zahlreiche Krankenhausaufenthalte auf verschiedenen Stationen hatten wir bis dahin schon hinter uns.
Aziz ist mittlerweile ein Teenager und benötigt in seinem Alltag eine 24-stündige Rundumbetreuung. Die ungünstige Prognose bewahrheitete sich. Geistig und körperlich ist er sehr stark beeinträchtigt und auf Hilfe von anderen angewiesen. Er baut körperlich ab, weitere Erkrankungen häufen sich und er braucht mehr Pausen und Ruhe.
Für uns als Familie ist die Krankheit von Aziz eine große Herausforderung. Seine Geschwister müssen oft Rücksicht nehmen und zurückstecken. Wir Eltern müssen Organisationstalent beweisen, damit der Familienalltag irgendwie funktioniert.
Auf unserem Lebensweg haben wir den AKHD kennengelernt und seit dem Tag wurden die Lasten auf unseren Schultern leichter. Zum ersten Mal wurden wir als gesamte Familie wahrgenommen und nach unseren Bedürfnissen gefragt.
Ehrenamtliche Begleiter, Angebote für die Geschwisterkinder oder Reisen für das erkrankte Kind sind nur einige Angebote die der Dienst für Familien anbietet. Es ist eine lange Liste, aber im Fokus steht jede Familie mit ihren persönlichen Bedürfnissen.
So ist es für uns als Familie besonders wichtig, dass Aziz im Krankenhaus besucht wird, wenn wir ihn nicht besuchen können. Und dass die Geschwisterkinder betreut werden, wenn wir mit Aziz zu Arztbesuchen oder anderen Terminen unterwegs sind.
Die ehrenamtlichen Begleiter/innen ermöglichen uns als Eltern immer wieder die kurzen Verschnaufpausen, die wir so dringend brauchen.
Wir sind froh und dankbar, dass wir auf unserem gemeinsamen Lebensweg mit Aziz, mit all seinen schönen und traurigen Momenten, nicht alleine sind, sondern durch die liebevollen Menschen des AKHD begleitet werden.
Amira N., Mutter von Aziz, im Oktober 2017
Medizinischer Hintergrund
Das ‚West-Syndrom‘ wurde im Jahr 1960 nach dem englischen Arzt und Chirurgen William James West (1793–1848) benannt, der 1841 die besonderen Symptome erstmals bei seinem Sohn beobachtete und wissenschaftlich beschrieb.
Diese besondere Form der Epilepsie tritt mit einer Häufigkeit von 1:4000 – 1:6000 auf und zeigt sich meist erstmals im dritten bis zwölften Lebensmonat. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Familie mehrere Kinder betroffen sind, liegt bei rund 15%.
Kennzeichnend sind vor allem drei verschiedene Formen epilepsieartiger Krampfanfälle, die unabhängig von äußeren Reizen einzeln, oft aber auch in Kombination auftreten können. Anfangs ist die Anfallshäufigkeit eher gering und nur von schwachen Verkrampfungen begleitet. Im weiteren Krankheitsverlauf kommt es allerdings häufig zu einer dramatischen Steigerung, mit Serien bis zu 150 Anfällen, zwischen denen oft nur Pausen von unter einer Minute liegen und die mit generalisierten (den ganzen Körper betreffenden), ausladenden Bewegungen verbunden sind. Man geht davon aus, dass die Anfälle an sich für die Betroffenen nicht schmerzhaft, jedoch sehr anstrengend sind.
Eine Prognose zu stellen ist schwierig, da sowohl Ursachen, als auch die Ausprägungen der Krankheit stark variieren. Etwa 70 bis 90 % der Kinder ist auch nach erfolgreicher Behandlung der Anfälle körperlich und kognitiv deutlich beeinträchtigt. Außerdem treten mit einer Wahrscheinlichkeit zwischen 30 und 60% unterschiedliche Folgeerkrankungen auf.
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